Wir informieren Sie über unsere Projekte und teilen Alltagsgeschichten und persönliche Erfahrungen der Kinder und ihrer Familien. Ausserdem berichten wir über Themen wie Kinderarbeit, Kinderrechte und Kindesschutz sowie aktuelle Trends in der Entwicklungszusammenarbeit.
Viel Spaß beim Lesen!
Ob Schokolade, Kleidung oder Smartphones – zu oft entscheidet der Preis, was wir am Ende kaufen. Die Frage nach den globalen Lieferketten der Ware – woher kommt sie, von wem und vor allem unter welchen Bedingungen wird sie gewonnen und schrittweise zum Endprodukt weiterverarbeitet – gerät dabei leicht in den Hintergrund. Und das, obwohl es sehr viele Beispiele für Menschen- und Kinderrechtsverletzungen im weltweiten Warenverkehr gibt. Zum Beispiel Kinderarbeit im Kakaosektor. Zum Beispiel unerlaubter Pestizideinsatz auf großen Plantagen, der zur langfristigen Verschmutzung der Umwelt führen kann. Oder auch ausbeuterische Bedingungen in der Textilindustrie, die Arbeiterïnnen Löhne unterhalb des Existenzminimums zahlt.
Globale Lieferketten – damit sind die Wege und Stationen gemeint, die die einzelnen Bestandteile eines Produktes bis zu seiner Fertigstellung zurücklegen: vom Abbau der natürlichen Rohstoffe über die Produktion und Fertigung in städtischen Fabriken bis zum Transport nach Europa und anderswohin.
Insbesondere die letzten Monate unter dem Eindruck der Corona-Pandemie haben gezeigt, wie weitgehend wirtschaftliche Beziehungen weltweit miteinander verwoben sind – und wie abhängig wir in Europa von deren einwandfreiem Ablauf sind. Durch den Stillstand infolge der Pandemie wurden viele Aufträge storniert oder bereits produzierte Waren nicht mehr angenommen.
Unter Jobverlust und Lohnkürzungen leiden überwiegend die Arbeiterïnnen in den Produktionsländern – und ihre Kinder! Schutzmechanismen und Sozialpakete wie in Europa gibt es dort kaum. Aktuellen Schätzungen zufolge könnten 86 Millionen Kinder zusätzlich bis zum Ende des Jahres in Armut geraten, weil die Unterbrechung der globalen Lieferketten sie zum Arbeiten beziehungsweise zum Abbruch ihrer Schuldbildung drängt. Die dadurch verursachte wirtschaftliche und soziale Krise zeigt einmal mehr: Wer global handelt, muss auch global Verantwortung übernehmen!
Deshalb braucht es dringend eine gesetzliche Verpflichtung mit klar definierten Haftungsregelungen, damit Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Per Gesetz sollten Firmen dafür verantwortlich gemacht werden, wenn es bei der Herstellung ihrer Produkte zu Menschenrechts- oder Kinderrechtsverletzungen beziehungsweise Umweltzerstörungen kommt.
Kritiker einer gesetzlichen Regelung der Lieferketten befürchten unverhältnismäßig hohe bürokratische Hürden und unfaire Wettbewerbsbedingungen, vor allem im Hinblick auf eine strafrechtliche Haftung. Befürworter wiederum sehen einen klaren Wettbewerbsvorteile.
Die Kindernothilfe und zahlreiche Organisationen aus der Zivilgesellschaft unterstützen diese Forderungen. Gerade Kinder leiden unter verantwortungslosem unternehmerischem Handeln – oft sogar deutlich stärker und nachhaltiger als Erwachsene. Das gilt nicht nur für Kinderarbeit, sondern auch für Umweltverschmutzungen und Schadstoffbelastungen, die Kinder aufgrund ihrer Größe und körperlichen Entwicklung besonders gefährden.
Indirekte Auswirkungen auf das Kindeswohl müssen ebenfalls ins Blickfeld rücken. Durch zu niedrige Löhne verdienen Arbeiterïnnen oft nicht genug, um Bildungs- und Gesundheitsausgaben für ihre Kinder zu finanzieren, was wiederum Kinder in die Kinderarbeit treibt. Fehlende Betreuungsmöglichkeiten während der Arbeitszeit der Eltern setzen vor allem kleinere Kinder Gefahren aus: Entweder sie verbringen die Zeit unbeaufsichtigt oder sie begleiten die Eltern zum Arbeitsplatz – eine Notlösung, die ihrerseits in Kinderarbeit münden kann.
Im Rahmen der internationalen Advocacy-Kampagne „It´s Time to Talk! – Children´s Views on Children´s Work“ forderten die Vertreter der betroffenen Kinder und Jugendlichen auf dem Global Child Forum in Schweden:
Die Regierung muss auch ein Gesetz zur Kinderarbeit erlassen, das Regeln für den Unternehmenssektor enthält, um sicherzustellen, dass sie Kinder vor schädlicher Arbeit und Missbrauch schützt und nicht ausbeutet. Unternehmen sollten Kindern nicht erlauben, gefährliche oder schwere Arbeit zu verrichten. Kinder sollten nicht ausgebeutet werden – von Mädchen und Jungen sollte nicht verlangt werden, lange oder zu niedrigen Löhnen zu arbeiten. Wenn wir arbeiten, sollten wir faire Löhne erhalten und die Arbeitsbedingungen sollten verbessert werden.
Kesia und Fausa
In einem umfassenden und wirksamen Sorgfaltspflichtengesetz müssen Unternehmen dazu verpflichtet werden, die in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieften Rechte entlang der globalen Lieferketten zu achten, Risiken und Folgen systematisch zu erheben und zu bewerten und öffentlich über ebendiese Risiken und dagegen ergriffene Maßnahmen zu berichten.
Darüber hinaus braucht es Präventions- und Abhilfemaßnahmen, um Menschen- und Kinderrechtsverletzungen zu verhindern. Insbesondere Beschwerdemechanismen müssen auch für jugendliche Arbeitnehmer zugänglich sein.