Ein Tag in iThemba Lethu
Stärkung des Selbstbewusstseins, Anleitung zu einer gesunden, risikofreien Lebensführung, Schaffung von Vorbildern: Das sind die Schwerpunkte unserer Partnerorganisation iThemba Lethu im Cato Manor in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal. Über 2000 Jugendliche im Alter von 10 bis 15 Jahren werden im Projekt betreut. In speziellen Unterrichtseinheiten von 2 bis 4 Stunden pro Woche lernten sie, ihre Leben selbst in die Hand zu nehmen, sich in kritischen Situationen zu behaupten und kluge Entscheidungen zu treffen. Wie so ein typischer Tag in iThemba Lethu aussieht, schildert Direktorin Melissa Leslie.
In der Früh lernt es sich am besten
Pause und Zukunftsinvestitionen
Nach der Schule strömen die Kinder — gestaffelt nach Klassenstufen — zu den Destiny Clubs. Es sind unterhaltsame, gut durchdachte Programme, bei denen Alphabetisierung, Lebensorientierung und Betreuung nahtlos zusammenkommen. Das Ziel ist immer das gleiche: Unsere Kinder sollen darauf vorbereitet werden, den Kreislauf der Armut in ihrem Leben zu durchbrechen, indem sie entweder die besten Mitarbeiter*innen der Welt werden oder ein kleines Unternehmen gründen. Auch diese Kinder sind acht Jahre alt bzw. nur etwas älter.
Melissa und ihr Team sind sehr stolz auf ihr bewährtes und funktionierendes Programm, weil vor dem Klassenzimmer, am Spielfeldrand oder wenn ein Kind weint, empathische und engagierte Mitarbeiter*innen für die Kinder da sind.
Sozialarbeit aus bedingungsloser Überzeugung
Bonga, der seit sechs Jahren für iThemba Lethu arbeitet, erzählt:
Ich bin in Matabuba Tuba aufgewachsen. Das ist ganz im Norden in KwaZulu Natal, bei meinen Großeltern. Bis zu meinem 18. Lebensjahr habe ich dort gelebt. Das war eine ziemliche Herausforderung. Meine Schule war weit weg, sehr weit sogar. Ich ging sechs Tage in der Woche zur Schule und kam immer müde nach Hause. Der Schulweg betrug neun Kilometer pro Richtung. Ich weiß das, weil es die gleiche Strecke war wie mein Zehn-Kilometer-Lauf. Meine Mama arbeitete, meine Großeltern passten in der Zeit auf mich auf. Essen war ein Privileg, wir mussten oft darum kämpfen, weil es so wenig gab. Zum Glück hatten wir einen Gemüsegarten, aber wenn man sich die Lunchpakete anderer Kinder ansah, wünschte man sich, das gleiche Essen zu haben. Wir hatten hauptsächlich Gemüse von unserem kleinen Garten. Gebratenes Fleisch und Hühnchen, das war so ein Luxus. Als Kind hatte ich es satt, nur Gemüse und Maisporridge zu essen. Ich wollte gutes Junkfood haben!
In der Schule war ich ein Einser-Schüler. Meine Ergebnisse waren gut. Nach der Matura wurde ich an der Universität angenommen. Ich zog nach Durban und lernte ein anderes Leben kennen, an das ich nicht gewöhnt war. Zuerst war es sehr hart, ich vermisste meine Freunde und das, was ich kannte. Nach der Hälfte des Jahres fing ich an, es zu mögen, und ich wusste, dass ich auf mich allein gestellt war. Ich liebte die Unabhängigkeit. Ich habe Nebenjobs wie Promotions und Events gemacht, mit denen ich mir etwas dazuverdienen konnte.
Dann habe ich Sozialarbeit studiert. An der Schule, aus der ich kam, sah ich die sozialen Missstände, mit denen wir alle zu kämpfen hatten. Es gab keinen Sozialarbeiter oder Psychologen, der uns helfen konnte, sogar die Berufsberatung war ein Problem. Ich habe Sozialarbeit studiert, weil ich in meine Schulen gehen und helfen wollte, denn in den Schulen auf dem Land sind die Schüler allein. Ich habe Sozialarbeit gemacht, obwohl ich für ein Ingenieurstudium zugelassen war.
Ich habe die letzten acht Jahre damit verbracht, Kindern in Schulen zu helfen. Für mich ist bedingungslose Liebe, etwas aus Liebe zu tun, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, immer noch etwas, das ich mit Leidenschaft mache. Jedes Mal, wenn ich Kindern helfe, die nichts haben, werde ich an meine Geschichte erinnert; es ist so einfach für Kinder, den Fokus zu verlieren. Aber ich hoffe, dass zehn von hundert Kindern in meiner Klasse die Chance haben, die Entscheidungen zu treffen, die ich getroffen habe.
Man gibt etwas, aber man bekommt auch etwas zurück - man lernt etwas über sich selbst. Als Schwarzer wurde mir beigebracht, dass ein Mann nicht weinen sollte. Es gab ein sehr trauriges Ereignis in meinem Leben und ich durfte nicht weinen, und das hat mich auch als erwachsener Mann noch beeinflusst. Auch heute noch kann ich nicht weinen, aber ich lerne jetzt, loszulassen, wenn ich mit Kindern zusammen bin. Ich lerne, meine Emotionen auszudrücken, was anfangs seltsam war, was ich aber mittlerweile akzeptiere und sehr schätze.